Mein Tag begann heute wieder einmal mit einer Frage. Aber erst nachdem
ich soweit war, dass ich nicht nur die Futterschälchen anstarrte. Kann mein
Schriftstellerich jemals wieder eine Zeile schreiben, ohne die Unterstützung
von samtenen Pfoten auf meiner Tastatur?
Sechs Tage ist es her, dass unser Kater über die
Regenbogenbrücke gegangen ist. Sechs lange Tage voller Konfusion und Trauer
und viele in meinem Umfeld denken jetzt, Gott, das war doch nur eine Katze. Er
war nicht euer Kind, oder ein Elternteil oder gar der geliebte Partner mit dem
der größte Teil des Lebens verbracht worden war. Nein, schlicht nur eine Katze.
Und doch hält uns die Trauer in ihrem Griff.
Hätte ich jemals gedacht, dass sich ein vierbeiniges Wesen
so in mein Herz schleichen kann? Und in das meines Mannes noch viel mehr? Ohne unseren
Kater und unser scheues Katzenmädchen, das zum Glück noch da ist, hätte ich das
niemals erfahren.
Unser Kater war aufdringlich, dynamisch, immer auf Achse,
immer zu Späßen aufgelegt, verfressen, brauchte Nähe, ohne die er grätig wurde.
Er hat es geliebt die Pfoten auf mich zu drücken oder auf meinem Schoß
herumzuturnen oder meinen Mann von seinem Schreibtischsessel zu verdrängen. Er
konnte mit mächtiger Löwenstimme laut schreien, so laut, dass ich mich manchmal
gefragt habe ob die Nachbarn davon wach wurden, schließlich tat er das
meistens um drei Uhr morgens – sehr unpassend. Genauso gerne brachte er
halbtote Mäuse mit, manchmal auch tote, was besser war. Nicht dass er die mit
uns geteilt hätte, im Gegensatz zu unserem Katzenmädchen, die gerne lebende
Mäuse vor meinen Füßen ablädt und dann einfach wieder verschwindet. Er hat sie
lieber verspeist, mit Schwanz und Pfote, so wie sich das gehört. Jeden den es
jetzt schüttelt – mir taten die Mäuse auch leid, aber er war eine Katze und es
war seine Hauptnahrung, neben Katzenfutter, Leckerlis und Leberwurst. Außerdem,
Hand aufs Herz, wer möchte schon bei Schritt und Tritt über Mäuse stolpern.
Lasst die Katzen also ihre Arbeit tun, so hat es die Natur eingerichtet.
Aber
bitte nicht in unserer Wohnung. Leider hat ihn das nicht im Mindesten
interessiert. Wir haben aber eine gute Technik entwickelt den Kater samt Maus
wieder hinauszubefördern. Schließlich wollte er ja nicht teilen und hat die
Maus im Maul behalten. Natürlich haben wir im Laufe der Zeit gelernt zu
gucken, was er da in der Schnauze hat, bevor wir die Tür öffneten. Das fand er aber nicht gut und war dann ein
bisschen beleidigt. Immerhin hatte er kaum noch Zähne und war mächtig stolz auf
seine Fangquote.
Ja, so war er, stolz und tapfer bis zum Schluss,
als er mir einfach tot vor die Füße fiel. Wir sind froh, dass er nicht lange
leiden musste. Langsames Dahinsiechen wünschen wir keinem Lebewesen, auch keinem
Menschen. Insofern blieb uns das erspart. Der Schock sitzt dennoch tief.
Entschuldigt bitte, dass ich für den dritten Band der Reihe "Das Verlorene
Siegel" noch ein wenig brauchen werde, bevor er fertig geschrieben wird.
Ich hoffe auf euer Verständnis.
Eure Lara