Parilicum ist der Blog von Lara Elaina Whitman. Hier berichte ich über Ereignisse aus meinem Leben, teile mit euch meine Fanfiction-Geschichten zu meinen Romanen und Kurzgeschichten und alles, was in meinem Autorenleben von Bedeutung ist. Mehr Informationen über mich persönlich gibt es auf meiner Homepage: https://www.laraelainawhitman.de/ Impressumsangaben: https://www.laraelainawhitman.de/Impressum/
Freitag, 17. Mai 2019
Ich war in Venedig. Etwas, das ich mir schon jahrelang gewünscht hatte. La Serenissima hat mich nicht mehr losgelassen, deshalb habe ich ihr ein Gedicht gewidmet. Ich hoffe es gefällt euch.
Eure
Lara
Ein Tag in Venedig
Brücken aus Holz oder Stein.
Treppen führen hinauf und hinunter.
Wasser fließt träge vorbei.
Große und kleine Boote vertäut an gemauerten Ufern.
Häuser mit Füßen aus Pfählen.
Blätternde Farbe und bröckelnde Pracht.
Algenbewachsene Mauern sich im Dunkeln aalend.
Jahrhunderte alter Widerstand gegen drängendes Nass.
Der Morgen eine Ode an die Sinne.
Geruch nach Salz und Meereswogen.
Begleitet vom Geschrei der fliegenden Diebe.
Verhaltenes Gezwitscher eines einsamen Vogels.
Eine Katze mit hungrigem Magen.
Auf der Suche nach ihrem Frühstücksfang.
Verfolgt mit wachsamen Augen.
Die gezähmten Hunde bei ihrem Gassigang.
Der Straßenreinigungsdienst beseitigt Hinterlassenschaften.
Der Tag nun in geschäftiges Treiben startet.
Leute eilen um es zu den Booten zu schaffen.
Die Arbeit an touristischen Plätzen wartet.
Motorengeräusche auf den Kanälen und der Lagune.
»La Serenissima« ist aus ihrem Schlaf erwacht.
Beendet ist die nächtliche Ruhe.
Ein letzter Blick auf die fernen Alpengipfel mit weißer Schneefracht.
Fondamente und Calle bevölkert von staunenden Touristen.
Smartphones auf der Suche nach gloriosen Motiven.
Stehen im Weg den eiligen Gestressten.
Erzählte Historie über die löwenbewachten Herrschaftsdiven.
Im Bácaro lässt sich ein Ombra und Cichetto genießen.
Leckereien mit klangvollen Namen auf den Speisekarten.
In kleinen Läden Kitschartikel aus Marco Polos Reisezielen.
Echte Kostbarkeiten aus Murano versteckt dazwischen dargeboten.
Aufatmen an stillen Ecken in Cannaregio oder Arsenal.
Fern vom architektonischen Pomp vergangener Zeiten.
Drängen sich die meisten Menschen doch am großen Canal.
Arbeiterviertel glänzen mit stillen Reizen.
Giudecca wird zum Sehnsuchtsort.
Lässt die Massen gegenüber zu Winzigkeiten erstarren.
Bringt ein Gefühl von träger Zeit hervor.
Bald schon werden die Tagestouristen wieder fahren.
Übervolle Vaporetti pünktlich an den Haltestellen.
Dazwischen die letzten Gondeln kämpfend gegen hohe Wellen.
Menschen müde am Abend nach Hause drängen.
Im Hafen die großen Schiffe ihre Anker einholen.
Jetzt zeigt »La Serenissima« ihr wahres Gesicht.
Atemberaubende Kulisse für den vergehenden Tag.
Glückliche Sehnsucht in einem unvergleichlichen Abendlicht.
Breitet sich träumend die berauschende Nacht über die prächtige Stadt.
copyright by Lara Elaina Whitman 2019, Foto: Lara Elaina Whitman, Venice, Lyrik: Lara Elaina Whitman
Das letzte Baby
Bleich stand die junge Frau am Grenzwall und sah über den träge dahinströmenden Fluss. Die Grenze gab es schon, seit sie denken konnte. Einst wurde sie gebaut, um Menschen auszusperren. Jetzt war sie nur noch da, um sie in diesem Land einzuschließen.
Mit fahrigen Bewegungen streichelte sie ihren runden Bauch. Das Kind strampelte sachte. Sie spürte das Füßchen, das gegen ihre Bauchdecke stieß. Ihr Blick wanderte sehnsüchtig zur anderen Seite hinüber, die durch den feuchten Nebel wirkte, als wäre dort ein Märchenland. Fern und unerreichbar, dabei waren es doch nur ein paar Meter.
Hinter ihr raschelte es im Gebüsch. Ihre Großmutter, genauso in weiß gekleidet wie sie, trat neben sie. Weiß, die Farbe der Verdammten. Traurig legte die alte Frau eine Tulpe auf den Hügel des Grabes, in dem ihre andere Enkelin begraben war, zusammen mit dem Baby, gestorben gleich nach der Geburt. Dann nahm sie die junge Frau tröstend in den Arm und gemeinsam betrachteten sie die Kreuze, die sich bis zum Horizont erstreckten. Ein verfluchter Grenzwall des Todes, sichtbares Zeichen der Gleichgültigkeit vergangener Generationen.
Eine Träne kullerte der jungen Frau über die Wange und fiel auf ihren Bauch mit dem letzten Baby dieses Landes darin. Sie würde hier mit ihm sterben, genau wie die anderen, denn nichts auf ihrer Seite der Grenze konnte die supermultiresistenten Keime in ihrem Körper abtöten.
Ihre letzte Hoffnung war das alte Boot. Die dort drüben hatten versprochen neue Medikamente zu schicken. Wo blieb es denn nur?
Bleich stand die junge Frau am Grenzwall und sah über den träge dahinströmenden Fluss. Die Grenze gab es schon, seit sie denken konnte. Einst wurde sie gebaut, um Menschen auszusperren. Jetzt war sie nur noch da, um sie in diesem Land einzuschließen.
Mit fahrigen Bewegungen streichelte sie ihren runden Bauch. Das Kind strampelte sachte. Sie spürte das Füßchen, das gegen ihre Bauchdecke stieß. Ihr Blick wanderte sehnsüchtig zur anderen Seite hinüber, die durch den feuchten Nebel wirkte, als wäre dort ein Märchenland. Fern und unerreichbar, dabei waren es doch nur ein paar Meter.
Hinter ihr raschelte es im Gebüsch. Ihre Großmutter, genauso in weiß gekleidet wie sie, trat neben sie. Weiß, die Farbe der Verdammten. Traurig legte die alte Frau eine Tulpe auf den Hügel des Grabes, in dem ihre andere Enkelin begraben war, zusammen mit dem Baby, gestorben gleich nach der Geburt. Dann nahm sie die junge Frau tröstend in den Arm und gemeinsam betrachteten sie die Kreuze, die sich bis zum Horizont erstreckten. Ein verfluchter Grenzwall des Todes, sichtbares Zeichen der Gleichgültigkeit vergangener Generationen.
Eine Träne kullerte der jungen Frau über die Wange und fiel auf ihren Bauch mit dem letzten Baby dieses Landes darin. Sie würde hier mit ihm sterben, genau wie die anderen, denn nichts auf ihrer Seite der Grenze konnte die supermultiresistenten Keime in ihrem Körper abtöten.
Ihre letzte Hoffnung war das alte Boot. Die dort drüben hatten versprochen neue Medikamente zu schicken. Wo blieb es denn nur?
Copyright by Lara Elaina Whitman. Fotomontage Lara Elaina Whitman (eigene Bilder)
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